In Deutschland unterliegen alle Bürger vom Tag der Geburt der Steuerpflicht für alle Arten von Einkommen. Die Höhe der Besteuerung richtet sich nach der Einkunftsart. In den meisten Fällen greift der persönliche Steuersatz der Einkommenssteuer. Gewerbetreibende müssen für den Gewerbeertrag, der 24.500 Euro im Jahr übersteigt, die kommunale Gewerbesteuer entrichten. Für Kapitalanlagen ist die Abgeltungssteuer maßgeblich.
Abgeltungssteuer unterscheidet nicht zwischen Zinsen und Kursgewinnen
Bei der Abgeltungssteuer handelt es sich um eine Quellensteuer. Das bedeutet, dass die Besteuerung nicht erst über die Einkommenssteuererklärung erfolgt, sondern direkt bei Ausschüttung von Zinsen, Dividenden oder Kursgewinnen und wird direkt von der Bank, der Fondsgesellschaft, Bausparkasse oder dem Broker an die zuständigen Finanzbehörden abgeführt. Die Besteuerungsgrundlage ist für alle Anleger identisch. Die Höhe der Abgeltungssteuer beträgt 25 Prozent auf den Ertrag, zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer. Eine weitere Besteuerung auf Kapitalerträge findet nicht mehr statt. Die Abgeltungssteuer wird auf folgende Erträge erhoben:
- Zinsen aus Spareinlagen, Girokonten, Sparbriefen etc.
- Zinsen aus Anleihen, Genussscheinen und Pfandbriefen und Kursgewinne bei Verkauf einer Anleihe, eines Genussscheins oder eines Pfandbriefs
- Dividenden aus Aktienanlagen und Kursgewinnen bei dem Verkauf einer Aktie
- Ausgeschüttete und thesaurierte Erträge aus Investmentfondsanteilen
- Gewinne aus dem Handel mit Derivaten. Dazu zählen Zertifikate, Optionen und Optionsscheine.
- Der Handel mit CFDs, Forex oder binären Optionen nimmt eine Sonderstellung ein.
Der Freistellungsauftrag
Das Steuerrecht sieht vor, dass eine bestimmte Summe an Kapitalerträgen steuerfrei bleibt. Die Höhe beläuft sich bei Alleinstehenden auf 801 Euro pro Jahr, bei verheirateten 1.602 Euro jährlich. Voraussetzung ist, dass der kontoführenden Bank ein sogenannter Freistellungsauftrag vorliegt. Für Familien mit Kindern ist es völlig legitim, Wertpapierdepots auf den Namen der Kinder einzurichten, da diese ebenfalls von der Freistellung profitieren. Mit diesem Vorgehen kann das Volumen der steuerfreien Kapitalerträge erhöht werden. Verfügt ein Anleger über mehrere Konten bei verschiedenen Banken, ist es möglich, den Freistellungsauftrag auf unterschiedliche Institute aufzuteilen.
Nicht alle Anleger erreichen im Rahmen der Einkommensteuererklärung einen persönlichen Steuersatz in Höhe von 25 Prozent. In diesem Fall kann die zu viel abgeführte Abgeltungssteuer im Rahmen der Einkommensteuererklärung geltend gemacht und zurückgeholt werden.
Die Verrechnung mit Verlusten
Bis vor einigen Jahren war es zulässig, die Gewinne und Verluste aus allen Geldanlagen gegeneinander aufzurechnen, so zum Beispiel Verluste aus Aktiengeschäften mit Zinserträgen aus dem Tagesgeld. Diese Option ist heute nicht mehr gegeben. Es können nur noch Gewinne und Verluste aus einer Wertpapiergattung miteinander verrechten werden. Den Dividenden aus Aktienzahlungen sind die Verluste aus einem Aktienhandel gegenüberzustellen. Sparzinsen können nicht mit Verlusten aus Wertpapiertrades verrechnet werden. Um dies buchhalterisch zu regeln, führen die Banken sogenannte Steuertöpfe. Dem Steuertopf für die Gewinne steht der jeweilige Verlusttopf gegenüber. Die Ergebnisse werden am Ende des Jahres saldiert, woraus sich die endgültige Steuerschuld ergibt.
Hat ein Steuerpflichtiger im laufenden Jahr einen Verlust erzielt, kann er diesen mit Gewinnen aus dem vorangegangenen Jahr verrechnen. Der abzugsfähige Verlust wird dabei vor allen anderen abzugsfähigen Aufwendungen berücksichtigt. Es besteht aber auch die Möglichkeit, im Rahmen des gesonderten Feststellungsverfahrens einen Verlust vorauszutragen. Verluste aus dem laufenden Kalenderjahr können auf erwartete Gewinne im kommenden Jahr angerechnet werden. Der Verlustrücktrag muss aber sehr genau berechnet werden. Führt er dazu, dass ein Steuerpflichtiger unter den Steuerfreibetrag rutscht, kann dieser Betrag bei einem Verlustvortrag nicht mehr berücksichtigt werden.
Thesaurierende ausländische Investmentfonds – der Sonderfall
Ausschüttungen thesaurierender Fonds, also Erträge, die sofort wieder angelegt werden, behandelt das Finanzamt als ausschüttungsgleiche Erträge. Bei deutschen Fonds behält die Investmentgesellschaft die Abgeltungssteuer mit ein und führt diese direkt ab. Bei einem späteren Fondsverkauf wird die bereits gezahlte Steuer automatisch berücksichtigt. Anders verhält es sich bei Anteilsscheinen aus dem Ausland. Die Abführung der Abgeltungssteuer findet nicht statt, die thesaurierten Erträge sind zunächst steuerfrei. Verkauft ein Anleger nach einigen Jahren seinen Anteil, erfolgt die Besteuerung auf den gesamten Gewinn. Hier lauert jedoch eine Gefahr. Als steuerpflichtiger Bürger in Deutschland müssen auch die thesaurierten Auslandsgewinne im Jahr der Zahlung versteuert werden. Dazu müssen die Erträge in der jeweiligen Steuerklärung angegeben werden. Damit nun eine Doppelbesteuerung beim Verkauf der Anteile vermieden wird, muss der Anleger durch Vorlage seiner Steuerbescheide dem Finanzamt nachweisen, dass die thesaurierten Erträge bereits versteuert wurden. Wer der jährlichen Besteuerung der Erträge nicht nachkommt, nutzt eine Art der Steuerstundung, deren Zulässigkeit eigentlich die Finanzbehörden fallweise entscheiden. Es gibt bisher noch keine Rechtssprechung, welche den Fall der thesaurierenden Fonds aus dem Ausland rechtssicher stellt.
Da es nicht jedermanns Sache ist, Erträge aus ausländischen Wertpapieren in der Steuererklärung korrekt zu erfassen, stellt der Jahresdepotauszug des kontoführenden Instituts eine Hilfestellung dar. Zu jeder Position, sei es Gewinn oder Verlust, ist angemerkt, an welcher Stelle sie in die Anlage zur Steuerklärung übernommen werden muss.
CFDs, Forex und binäre Optionen
Die meisten Anbieter für den Handel mit CFDs, Forex und binären Optionen sitzen im Ausland. Vor diesem Hintergrund wird keine Abgeltungssteuer an die deutschen Finanzbehörden abgeführt. Hier ist es ebenfalls Sache der Anleger, ihrer Steuerpflicht im Rahmen der Einkommensteuererklärung nachzukommen. Der Gedanke, dass Gewinne im Ausland erwirtschaftet wurden, und daher in Deutschland nicht der Besteuerung unterliegen, ist leider falsch und führt zum Straftatbestand der Steuerhinterziehung.
Die auf diese Arten des Derivatehandels spezialisierten Broker mit Sitz in Deutschland gehen einen etwas anderen Weg als deutsche Banken. Sie ziehen die Steuer nicht direkt vom Gewinn ab, sondern zahlen die Erträge aus einem Trade zu 100 Prozent aus. Die Abführung der Zahllast erfolgt erst zum Ende des Kalenderjahres. Für den Trader hat dies den Vorteil, dass ihm über das Jahr mehr Geld für den Handel, praktisch als Kredit, zur Verfügung steht.
Anteilsscheine an geschlossenen Fonds
Auch wenn ein Anleger einen Anteilsschein an einem geschlossenen Fonds besitzt, so handelt es sich dabei nicht um ein Wertpapier. Die Beteiligung an einem geschlossenen Fonds, gleich, ob es sich um Immobilien, Flugzeuge oder Schiffe handelt, hat einen rein unternehmerischen Rechtshintergrund. Der Anteilsinhaber ist kein Anleger im klassischen Sinn, sondern wird durch die Beteilung zum Unternehmer. Die Erträge werden mit dem persönlichen Steuersatz belegt.