Sie haben sich entschlossen, Teile Ihres Kapitals in Aktien zu investieren? In diesem Fall ist es wichtig, dass Sie die Mechanismen am Aktienmarkt kennen. Wie entstehen eigentlich Aktienkurse? Wann sinkt ein Aktienkurs und wann steigt er? Wie funktioniert das Treiben an der Börse? Genau solche Fragen werden in diesem Artikel etwas umfassender beantwortet, so dass Sie sich einen Überblick verschaffen können.
Warum gehen Unternehmen an die Börse?
Die Gründe für den Börsengang eines Unternehmens können sehr vielschichtig sein, jedoch liegt das Hauptinteresse darin, frisches Kapital einzusammeln. Bei einem Börsengang wird das Unternehmen nämlich in viele kleine Stücke (Aktien) unterteilt und ein Teil davon (meistens unter 50%) an der Börse zum Verkauf angeboten. So kann die Unternehmensführung fast die Hälfte der Aktiengesellschaft verkaufen und behält trotzdem die Entscheidungsgewalt. Ein solcher Kapitalzuwachs von nahezu 50% macht den Weg frei für Investitionen in neue Produkte und Forschungsprojekte sowie die Expansion des Geschäfts. Darüber hinaus gibt es noch weitere Gründe:
1.Aktienverkäufe bringen Eigenkapital
Beteiligt sich ein Anleger durch den Kauf von Aktien an einer Gesellschaft, so fließt dem Unternehmen Eigenkapital zu. Dieses hat im Vergleich zu Fremdkapital einige interessante Vorteile:
- Keine erfolgsunabhängige Vergütung: Während Fremdkapital (Kredite von Banken oder Unternehmensanleihen) stetige Zinszahlungen mit sich bringt, hängt die Dividende für die Aktionäre vom Geschäftserfolg ab. Macht das Unternehmen Verluste, kann mitunter auch die Zahlung der Dividende gesenkt oder eingestellt werden.
- Eigenkapital muss nicht zurückgezahlt werden: Das Unternehmen muss nicht nur keine Zinsen für das Eigenkapital zahlen, sondern auch das Geld an sich nicht zurückzahlen. Die Aktionäre sind Mitbesitzer der Aktiengesellschaft geworden und partizipieren somit am Unternehmenserfolg durch steigende Kurse und Dividenden.
- Bessere Kreditwürdigkeit: Sollte das Unternehmen doch einmal Kredite benötigen, sorgt eine hohe Eigenkapitalquote dafür, dass die Bonität entsprechend besser ausfällt. Dies kann eventuelle Kreditkonditionen positiv beeinflussen.
2.Alteigentümer machen satte Gewinne
Ein Börsengang lohnt sich im Normalfall auch für die bisherigen Eigentümer sehr. Diese sind entweder bereits Aktionäre (Gesellschaft war schon vorher eine nicht an der Börse gehandelte Aktiengesellschaft) oder werden dies durch die Ausgabe der Aktien.
3.Mitarbeiter und Manager können beteiligt werden
Eine Beteiligung verdienter Mitarbeiter oder Manager am Kapital des Unternehmens wird durch Aktien deutlich einfacher als vorher.
Wie entstehen Aktienkurse an der Börse?
Wenn Sie sich für den Aktienhandel interessieren, ist es sehr hilfreich, die Entstehung eines Aktienkurses zu kennen. Grob zusammengefasst lässt sich erklären, dass Aktienkurse sich stets aus Angebot und Nachfrage ergeben. Alle Anfragen für Käufe und Verkäufe werden im sogenannten Orderbuch vermerkt, aus der der Börsenmakler (heute fast immer eine Software) den Kurs ermittelt, der zum höchsten Umsatz führt. Ein einfaches Beispiel über die Test AG mit einem aktuellen Kurs von 20 Euro soll dies verdeutlichen:
- Käufer 1 möchte 120 Aktien der Test AG erwerben, allerdings erst, wenn diese den Wert von 19 Euro erreicht hat.
- Käufer 2 glaubt an die Aktie und möchte unabhängig vom Kurs 100 Aktien erwerben.
- Verkäufer 1 hat ein mulmiges Gefühl bei der Entwicklung des Wertes und möchte seine 50 Aktien schnellstmöglich loswerden – er legt kein Kursziel fest.
- Verkäufer 2 sieht noch Steigerungspotenzial und möchte seine 100 Aktien erst verkaufen, wenn der Kurs mindestens 21 Euro erreicht hat.
Die Software stellt daraufhin folgende Berechnung an:
Kurs |
Aktienangebot |
Aktiennachfrage |
Mögliches Handelsvolumen |
19 Euro | 50 | 220 | 50 |
20 Euro | 50 | 100 | 50 |
21 Euro | 100 | 100 | 100 |
Tabelle 1: Beispiel für die Kursfindung an der Börse
Der neue Aktienkurs läge also bei 21 Euro, denn die Orders der einzelnen Käufer und Verkäufer haben genau das ergeben:
- Beim Kurs von 19 Euro hätte Käufer 1 zwar 120 Aktien und Käufer 2 auch 100 Aktien erworben, aber es standen nur die 50 Aktien von Verkäufer 1 zur Verfügung à keine Ausführung
- Beim Kurs von 20 Euro hätte Käufer 2 (dem der Kurs egal war) ebenfalls zugeschlagen. Seiner Nachfrage standen jedoch ebenfalls nur die 50 Aktien von Verkäufer 1 gegenüber à keine Ausführung
- Beim Kurs von 21 Euro schlägt Käufer 2 immer noch zu, während Verkäufer 1 und 2 als Angebot zur Verfügung stehen à Ausführung von 100 Aktien
Aus welchen Gründen können Aktienkurse steigen und fallen?
Wie Aktienkurse genau entstehen, hat das obige Beispiel sehr anschaulich gezeigt. Daraus lassen sich folgende Gesetzmäßigkeiten grob ableiten:
- Mehr Menschen möchten eine Aktie kaufen als verkaufen à Aktienkurs steigt
- Mehr Menschen möchten eine Aktie verkaufen als kaufen à Aktienkurs sinkt
Für Sie als Anleger ist es jedoch auch wichtig, dass Sie mögliche Beweggründe für Kauf und Verkaufsabsichten kennen:
- Geschäftszahlen: Veröffentlicht eine Aktiengesellschaft ihre Geschäftszahlen in Bilanz und GuV oder in Quartalsberichten, versuchen potenzielle Aktionäre, daraus die künftige Wertentwicklung abzulesen. Besonders gute Zahlen (über den Erwartungen liegend) sorgen für vermehrtes Kaufinteresse, während enttäuschende Zahlen genau das Gegenteil bewirken können. Da es jedoch im Vorfeld bereits bestimmte Erwartungen hinsichtlich des Geschäfts gibt, zählt bei tatsächlicher Veröffentlichung von Geschäftszahlen nur der Verlauf in Relation zu den Erwartungen. Die Erwartungshaltung selbst ist nämlich bereits in den Aktienkurs eingepreist.
- Branchenentwicklung: Unternehmen sind jedoch nicht nur von ihrem eigenen Management abhängig, sondern auch von der Außenwelt. Sorgen bestimmte Entwicklungen in einer Branche beispielsweise für Auf- oder Abtrieb, kann dies das Kauf- oder Verkaufsinteresse der Aktionäre ebenfalls berühren.
- Allgemeine Wirtschaftsentwicklung: Besonders gute oder schlechte Entwicklungen in der allgemeinen Konjunktur sind ebenfalls wichtig für Aktionäre. Wenn diese fürchten müssen, dass sich die allgemeine Wirtschaftsentwicklung negativ auf die Geschäfte eines Unternehmens auswirken, sind sie eher geneigt, sich noch vorher von ihren Aktien zu trennen, um potenzielle Verluste zu vermeiden.
Neben diesen Gründen existieren noch viele weitere mögliche Auswirkungen, die Aktionäre zum Kauf oder Verkauf einer bestimmten Aktie bewegen können. Dazu gehören zum Beispiel Unternehmensskandale, Naturkatastrophen oder auch politische Entscheidungen.
Der grundsätzliche Mechanismus des Aktienhandels
Für Sie als Anfänger im Bereich Aktienhandel soll nun noch einmal exemplarisch aufgezeigt werden, wie der Mechanismus funktioniert:
Sie kaufen 20 Aktien von der „Test AG“ zum Kurs von 18 Euro und müssen dafür 360 Euro bezahlen (Gebühren werden zur Vereinfachung nicht berücksichtigt). Nach 24 Monaten ist der Kurs der Beispiel AG auf 28 Euro angestiegen. Ihr Kapital beträgt nun 560 Euro, wenn Sie die Aktie wiederverkaufen. Daraus lässt sich die Rendite wie folgt errechnen:
Kurs beim Kauf | 18 Euro |
Kurs beim Verkauf | 28 Euro |
Differenz | 10 Euro |
Differenz in Prozent (gesamte Laufzeit) | 55,55% |
Rendite pro Jahr | 27,78% |
Tabelle 2: Von der Entwicklung eines Aktienkurses profitieren
Dieses Beispiel verläuft für Sie als Aktionär sehr positiv, denn die Aktie konnte in 2 Jahren 55,55% an Wert zulegen. Mit einer Jahresrendite von 27,78% hätten Sie Ihr Kapital viel schneller vermehrt als mit konservativen Anlageformen. Natürlich hätte die Entwicklung auch gegenläufig ausfallen können, was die Besonderheit des Aktienhandels genau aufzeigt. Um entsprechende Schwankungen auszugeichen, verteilen Anleger ihr Kapital im Normalfall auf verschiedene Aktienwerte.
Fazit
Der Aktienhandel über die Börse ist ein Zusammenspiel aus den Kauf- und Verkaufsabsichten der einzelnen Anleger. Softwaregesteuerte Börsen ermitteln aus allen Kauf- und Verkaufsanfragen den Kurs, zu dem sich der größte Aktienumsatz eines bestimmten Aktienwertes erzielen lässt. Die Kauf- und Verkaufsabsichten der Anleger sind dabei in großem Maße von der Erwartungshaltung in Bezug auf den Geschäftserfolg und der Wertentwicklung einzelner Unternehmen geleitet. Um das Risiko zu minimieren, hat es sich zudem als sinnvoll erwiesen, sein Investment zumindest auf einige verschiedene Aktienwerte zu verteilen. Mit einem besseren Verständnis für den Aktienhandel können Sie entsprechende Aktienstrategien entwickeln und so hoffentlich Erfolge an der Börse feiern.
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