Sie haben sich grundlegend über den Aktienhandel informiert, ein passendes Depotkonto ausgewählt und möchten nun mit dem Aktienhandel starten? In diesem Fall stehen Sie vor der Frage, welche Aktienwerte Sie eigentlich erwerben sollen. Die schlechteste Idee stellt hierbei die Gefühlsentscheidung dar. Wenn Sie nur „aus dem Bauch heraus“ über Ihre Aktienkäufe entscheiden, kommt dies gerade bei Anfängern eher einer Lotterie gleich. Um langfristig Erfolge zu feiern, benötigen Sie deshalb eine Anlagestrategie und Sie sollten sich Gedanken um die Risikominderung machen. Beide Aspekte werden wir Ihnen nun etwas näherbringen.
Anlagestrategien für Aktien – welche Ansätze können sinnvoll sein?
Im Bereich der Anlagestrategien existieren zahlreiche verschiedene Ansätze, die von überzeugten Finanzexperten entwickelt wurden. Im Folgenden stellen wir Ihnen nun drei dieser Handelsstrategien etwas genauer vor:
Buy & Hold – einfache Strategie mit Erfolgspotenzial?
Der Buy & Hold-Ansatz verfolgt die Strategie, solide und sichere Aktienwerte (oft Blue Chips oder starke Unternehmen aus dem MDAX sowie dem Ausland) auszuwählen und diese über einen möglichst langen Zeitraum zu halten.
- Annahme: Solide Unternehmen sind vor Insolvenzen gut geschützt und entwickeln sich langfristig positiv. Von den Kursgewinnen und Dividenden können Anleger profitieren.
- Vorteile: Die Vorteile bestehen zum einen in den niedrigen Transaktionskosten, da nur weniger Aktien umgeschichtet werden. Darüber hinaus eignet sich diese Strategie auch für Anfänger, weil kein umfassendes Wissen über die technische Analyse erforderlich ist. Zudem ist der Buy & Hold- Ansatz auch nicht sonderlich zeitaufwendig, weil lediglich Kontrollen in längeren Zeitabständen erforderlich sind. Mit entsprechender Diversifizierung gilt die Strategie zudem als relativ verlustsicher.
- Nachteile: Der größte Nachteil besteht darin, dass Sie eventuell Kurssprünge von sehr erfolgreichen Unternehmen Auch neue Potenziale bleiben Ihnen eventuell verborgen. Darüber hinaus kann es passieren, dass Sie sich als Anleger zu sicher fühlen und die Kontrollen ausbleiben – hin und wieder ist Gegensteuern allerdings Pflicht!
Dividendenstrategie – stetige Einkünfte?
Die Dividendenstrategie setzt darauf, nur solche Aktien zu kaufen, die eine hohe Dividendenrendite mit sich bringen. Unter der Dividendenrendite wird das Verhältnis von ausgezahlter Dividende und Aktienkurs verstanden. Ein kleines Beispiel soll dies verdeutlichen:
Die Beispiel AG hat zum Zeitpunkt der Dividendenauszahlung einen Kurs von 20,00 Euro und zahlt eine Dividende von 0,30 Euro pro Aktie. Die Dividendenrendite läge dann bei:
(0,30 / 20) x 100 = 1,5%
Im DAX liegt die Dividendenrendite je nach Unternehmen zwischen 2 und 4%. Je nach Ausrichtung der Strategie werden bestimmte Kriterien für die Aktienauswahl angesetzt:
- Dividendenrendite (sollte nicht unter x% liegen)
- Dividendenwachstum (das Unternehmen sollte in den letzten x Jahren stetig eine höhere Dividende ausgezahlt haben)
- Keine Kürzungen (Das Unternehmen sollte über einen Zeitraum von x Jahren keine Dividendenkürzung vorgenommen haben)
- Annahme: Dividenden sind relativ planbare Renditeeingänge, mit denen sich die Gewinne aus dem eigenen Aktienhandel verstetigen lassen.
- Vorteile: Die Auswahl der Aktien lässt sich relativ einfach bestimmen und Dividendenauszahlungen schwanken weniger als Aktienkurse. Ferner bedeutet eine Dividende eine fixe Auszahlung zu einem festgelegten Punkt. Wenn Sie hierbei auf sehr solide Unternehmen setzen, können Sie zudem von einer relativen Sicherheit profitieren.
- Nachteile: Die Dividende fließt aus dem Vermögen des Unternehmens ab. Dies zeigt sich an Kursverlusten nach Auszahlung der Dividende. Das bedeutet, dass Sie zwar die Dividende erhalten, dafür allerdings durch den Kursverlust eine Schmälerung Ihres Vermögens (Wert Ihrer Aktien) stattfindet. Ferner werden Potenziale verschenkt, da nicht in Unternehmen investiert wird, die ihre Gewinne selbst ins Geschäft reinvestieren.
Value Investing – was steckt in einem Unternehmen?
Beim Value Investing legen Sie Ihren Fokus voll und ganz auf die Qualität eines Unternehmens. Allgemeine Börsenschwankungen und Kursentwicklungen bleiben dabei zunächst komplett außen vor. Es geht vielmehr um Faktoren wie:
- Bewährtes und solides Geschäftsmodell
- Spezielle Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz
- Qualität des Managements
- Art der Finanzierungsstruktur (keine zu hohe Fremdkapitalquote durch Kredite oder Anleihen)
- Zukunftschancen durch neue Entwicklungen
Lassen sich die obigen Aspekte positiv beantworten (die Analyse erfordert durchaus entsprechendes Fachwissen und ein gutes Urteilsvermögen), fällt der Blick auf die Bewertung des Unternehmens an der Börse. Liegt der Kurswert niedriger als der Buchwert einer Gesellschaft, hat diese Gewinnpotenzial und wird gekauft. Zur Ermittlung der Bewertung werden verschiedene Kennzahlen genutzt:
- Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV): Es berechnet sich aus dem aktuellen Aktienkurs/Gewinn je Aktie und sollte nach Möglichkeit den Wert von 10 nicht übertreffen. Ein Wert von 10 bedeutet hier, dass der Aktienkurs um das 10fache höher liegt als der Gewinn pro Aktie.
- Kurs-Buch-Verhältnis (KBV): Es berechnet sich aus dem aktuellen Aktienkurs/Eigenkapital pro Aktie und sollte niedriger als 1 liegen. Ein Wert von 1 bedeutet hier, dass Aktienkurs und Eigenkapital pro Aktie genau gleich hoch ausfallen.
- Kurs–Cash-Flow-Verhältnis (KCV): Dieses berechnet sich aus dem aktuellen Aktienkurs/Cash-Flow pro Aktie und ist wesentlich weniger anfällig für Manipulationen als das KGV. Der Gewinn lässt sich nämlich durch Bilanztricks durchaus verändern, während der Cash-Flow relativ gut davor gefeit ist.
Ferner werden auch noch Werte wie Eigenkapitalquote, die Eigenkapitalrendite, das Gewinnwachstum (und seine Nachhaltigkeit) sowie die Dividendenrendite (und ihre Nachhaltigkeit) herangezogen, um sich ein fundiertes Bild zu machen.
- Annahme: Unterbewertete Unternehmen mit Zukunftspotenzial werden künftig auch an der Börse besser bewertet und sind aktuell günstig zu kaufen. Dies gilt vor allem bei Panikreaktionen des Markts, wenn alle ihre Aktien verkaufen.
- Vorteile: Die Schwankungen des Marktes werden ignoriert und es folgt eine fundierte Analyse über die wahren Werte eines Unternehmens. So sind nachhaltige und deutliche Kursgewinne möglich. Durch die gute Fundamentalanalyse ist die Auswahl von Unternehmen mit Insolvenz unwahrscheinlicher, was Totalverluste vermeidet.
- Nachteile: Die Analyse ist sehr aufwendig und von Fachwissen abhängig. Fehlinterpretationen können zu teuren Fehlentscheidungen führen.
Neben den hier vorgestellten Anlagestrategien existieren noch viele weitere, die wir Ihnen nun im Überblick präsentieren:
- Momentumstrategie: Das auch als Relative-Stärke-Strategie bezeichnete Auswahlverfahren für Aktien orientiert sich immer an den bisher besten Aktien (beste Wertentwicklung innerhalb eines gewissen Zeitraums) eines Indexes. Diese sollten gekauft und erst wiederverkauft werden, wenn sich ihre positive Wertentwicklung stark abgeschwächt hat.
- Indexstrategie: Hier wird versucht, an der Wertentwicklung eines gesamten Indexes zu partizipieren. Um nicht alle Aktien selbst kaufen zu müssen, setzen Anleger hierbei auf den Kauf von ETF-Fondsanteilen.
- Antizyklische Strategie: Hierbei sieht der Ansatz genau gegenteilig zu dem der Momentumstrategie aus. Die Annahme bei dieser Strategie liegt darin, dass eine Aktie nach einer Schwächephase wieder anzieht.
- Growth-Ansatz: Bei dieser Strategie analysieren Anleger das Wachstumspotenzial ganzer Märkte und investieren in die betreffenden Unternehmen. Dahinter steckt die Hoffnung, das neue Amazon, Google oder Facebook zu finden und dann zu investieren, wenn die Aktien noch wenig kosten.
Wie Sie sehen, ist die Auswahl an Strategieansätzen wirklich sehr groß. Alle haben eigene Anforderungen an Ihr Fachwissen und Ihre Zeit. Aus diesem Grund ist eine sorgfältige Auswahl äußerst wichtig, denn nur so lassen sich langfristig Erfolge feiern.
Diversifizierung – unerlässlich zur Risikominderung
Da Aktienwerte stets dem Kursschwankungsrisiko und auch dem Insolvenzrisiko ausgesetzt sind, ist eine gute Diversifizierung fast schon Pflicht. Doch wie funktioniert das Ganze? Der Gedanke dahinter ist eigentlich ganz einfach: Setze nicht alles auf das gleiche Pferd! Ein anschauliches Beispiel soll dies erläutern:
Sie investieren 6.000 Euro in Aktien und beschließen, aus Gründen der Sicherheit eine Verteilung auf vier verschiedene Aktienwerte vorzunehmen:
Aktienwert |
Anzahl Aktien |
Einstiegskurs |
Portfoliowert |
Beispiel AG | 15 | 100 Euro | 1.500 Euro |
Risiko AG | 15 | 100 Euro | 1.500 Euro |
Potenzial AG | 15 | 100 Euro | 1.500 Euro |
Wundertüte AG | 15 | 100 Euro | 1.500 Euro |
Gesamt | 60 | – | 6.000 Euro |
Tabelle 1: Beispiel eines Aktienportfolios
Nach einem Jahr haben sich die Werte der Unternehmen folgendermaßen entwickelt:
Aktienwert |
Anzahl Aktien |
Einstiegskurs |
Portfoliowert |
Beispiel AG | 15 | 103 Euro | 1.545 Euro |
Risiko AG | 15 | 90 Euro | 1.350 Euro |
Potenzial AG | 15 | 105 Euro | 1.575 Euro |
Wundertüte AG | 15 | 102 Euro | 1.530 Euro |
Gesamt | 60 | – | 6.000 Euro |
Tabelle 2: Beispiel für die Wirkung der Diversifizierung
Es gab also Verschiebungen innerhalb Ihres Portfolios, jedoch hat sich der Gesamtwert nicht verändert. Der Grund dafür liegt in der Tatsache, dass die Verluste der Risiko AG durch Gewinne bei anderen Aktien ausgeglichen wurden. Genau das ist die Idee hinter der Diversifizierung. Nun können Sie jedoch Ihr Aktienportfolio in verschiedener Hinsicht diversifizieren:
- Unternehmen (verschiedene Aktienwerte kaufen)
- Branchen (verschiedene Aktienwerte aus verschiedenen Branchen kaufen)
- Staaten (verschiedene Aktienwerte aus verschiedenen Ländern kaufen)
- Währungen (verschiedene Aktienwerte aus verschiedenen Währungsräumen kaufen)
- Größe (verschiedene Aktienwerte von Unternehmen ganz unterschiedlicher Größe kaufen)
Treiben Sie die Diversifizierung nicht auf die Spitze! Wenn Sie zu viele Aktienwerte besitzen, verlieren Sie irgendwann den Überblick und können sich auf nichts mehr konzentrieren. Als Obergrenze ist pro 10.000 Euro Anlagebetrag etwa eine Streuung auf ca. 14-15 Aktienwerte anzusiedeln. Einige Experten raten sogar dazu, sich lieber auf weniger Aktienwerte zu konzentrieren und dafür mehr Mühe in die Auswahl zu stecken.
Mit der richtigen Aktienstrategie zum Ziel
Eine gute Anlagestrategie ist für den dauerhaften Erfolg im Aktienhandel unerlässlich. Nur mit fundierten Analysen können Sie letztlich erkennen, ob bestimmte Aktien Potenzial besitzen oder nicht. Die Vielzahl an Strategien zeigt jedoch auch, dass es nicht den einen richtigen Ansatz gibt, sondern es auch ein bisschen auf Ihre Einstellung ankommt. Machen Sie sich mit verschiedenen Ansätzen vertraut und testen Sie aus, was am besten zu Ihnen passt!
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